13 km
1000 hm
zug + bus (1,5h)
leicht
Einfacher Sonntagsausflug für die ganze Familie. Die Raxseilbahn bietet zudem nicht so starken Gehern die Möglichkeit eines gelenkschonenden Abstieg.
Die Bergwelt ist schon immer eine Welt voller Euphemismen gewesen. So gibt es im Naturpark Föhrenberge ein “Matterhörndl” in Form eines vielleicht zehn Meter hohen Felsblockes und den Glockner-Grat auf bescheidenen 280 Metern Seehöhe. Der “Steinerne Weg” auf den Dachstein ist hingegen eine Kletterroute im 5. Schwierigkeitsgrad und das so unschuldig klingende “Zuckerhütl” ist stolze 3.500 Meter hoch.
Der Gsollhirnsteig fällt dabei eher in die erste Kategorie. Denn den Namen Steig verdient er sich nur bedingt. So folgt die erste Hälfte des Aufstiegs Waldpfaden und Forststraßen nach oben. Und auch der obere Teil ist mehr ein verwachsener Wanderweg, der zwar steil und stellenweise unangenehm geröllig daherkommt, sonst aber nie mit echten Schwierigkeiten aufwarten kann. Deswegen war mein Interesse an einer Begehung bisher auch eher gering und tatsächlich war der Gsollhirnsteig für uns an diesem Seehütten-Wochenende nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Nämlich als kürzester Weg vom Berggasthof hinunter nach Hirschwang. Da der Abstieg alerdings etwas mühsam sein kann, empfehle ich einen Tourstart eher vom Talboden aus.
Los geht’s also von der Raxseilbahn, bzw der Bushaltestelle Hirschwang/Emil-von-Linhart-Gasse an der B27. Entweder direkt der Schwarza entlang, oder ein Stück flussabwärts über die Henriettenbrückegelangen wir zur gleichnamigen Kapelle aus dem frühen 20. Jahrhundert. Auf der gegenüberliegenden Seite erblicken wir die neobarocke Schoeller-Villa, die gerade aufwändig restauriert wird (Stand Juni 2022). Der braune Anstrich lässt sich aber auch mit der besten Farbe nicht so einfach übermalen, denn “Hausherr” Richard Schoeller war bekennender Deutschnationalist und Förderer von NS-Projekten und sein Neffe und Universalerbe Phillip Alois frühes NSDAP-Mitglied und Wehrwirtschaftsführer. Damit profitierte die Familie Schoeller auch besonders von der Kriegstreiberei der Nationalsozialisten.
Doch lassen wir diesen kleinen historischen Schandfleck hinter uns und widmen uns schöneren Dingen. Über den gelb markierten Weg Richtung Rax-Plateau steigen wir zuerst einer Forststraße mäßig steil nach oben und schummeln uns dann an einigen Weiden und nett gelegenen Bauerhöfen vorbei. Bei einer mit einem Wegkreuz bewehrten Gabelung biegen wir nach rechts ab. Wir passieren das Hotel Knappenhof und treffen kurz daraf auf das wunderbar restaurierte Huthaus aus dem 18. Jahrhundert. An den Bezeichnungen kann man auch gut die große Bedeutung des Bergbaus ablesen, welcher in dieser Gegend eine bedeutende (und oft auch die einzige Einnahmequelle) darstellte.
Hinter der ehemaligen Versammlungs- und Gebetshalle der Bergarbeiter führt uns eine Schotterstraße weiter nach Nordwesten. Kurz nach einem Wasserspeicher weist ein stark beschmiertes Schild den Weiterweg. Hier beginnt auch der eigentliche Gsollhirnsteig. Geradeaus würde uns der Törlweg quasi direkt in den Gastgarten des Otto-Schutzhauses führen.
Also nach rechts den Hang hoch und dann über einen ansehbaren Waldpfad weiter zu einer kleinen lichten Stelle mit einem imposanten Findling/Jausenstein in der Mitte. Etwas weiter trifft der Weg auf eine sehr steile Forststraße, welcher wir bis zu deren oberem Ende folgen. Die Straße verwandelt sich daraufhin in einen schmalen und teils stark überwucherten Wandersteig. Die Suche nach etwaigen ungebetenen Passagieren (Zecken!) gestaltet sich dabei jedoch wohl aufregender, als der Wegverlauf selbst. Über Wurzeln und etwas Geröll windet sich der Gsollhirnsteig den Bergrücken nach oben und quert dann knap unterhalb der Bergstation den Seilbahngraben. Wenig später haben wir dann bereits den Ausstieg am namensgebenden Gsollhirn erreicht, von wo wir einen traumhaften Ausblick zurück auf die Ausläufer des Höllentals werfen können. Von dort nach links und am ehemaligen Schlepplift vorbei in wenigen Minuten zum Berggasthof an der Rax-Seilbahn.
Von hier aus bietet sich natürlich eine ausgedehnte Tour über das Rax-Plateau an. Karl-Ludwig-Haus (1804m) , Heukuppe (2075m) oder Habsburghaus (1786m) erreicht man in rund 3-4 Stunden gemütlicher Gehzeit. Wer es kürzer haben möchte besucht die Seehütte (1643m) über Seeweg oder Preinerwand, oder die Dirnbacher- (1477m) und Gloggnitzerhütte (1548m) bei den Lechnermäuern, welche allesamt in gut zwei Stunden erreichbar sind.
Als Rückweg nach Hirschwang empfiehlt sich dann ein Abstieg über die Brandschneide (A) oder direkt am Ottohaus vorbei über den zuvor erwähnten Törlweg.