15 km
1100 hm
Auto (3h)
Mittel
Auf unmarkierte Gipfel in den Wölzer Tauern.
Zugegebenerweise sollte die Scharfe Wand an diesem sonnigen Dienstagvormittag eigentlich gar nicht unser Tourenziel sein. Immerhin scheint die gut zweitausend Meter hohe Erhebung in den meisten Karten nicht einmal als eigenständiger Gipfel auf und wird entsprechend wenig begangen. Aber auch eine Alpenvereins-Ausbildungsgruppe kann einmal etwas danebenhauen und so landeten wir schlussendlich auf der ehrlich gesagt ohnehin weitaus lohnenderen Scharfen Wand, anstatt der nahen Seekoppe.
Aber von vorne. Vom Tourengeherparkplatz stapfen wir der Straße entlang hinein in die Gulling. Die dortige Behausung hinter den sieben Bergen wird aber keinesfalls von lustigen, singenden Kleinwüchsigen mit Spitzhacken und Zipfelmützen bewohnt, sondern von einer Milliardärserbin und deren illustren Jagdgästen. Sollte einem da nicht schon das Frühstück wieder halb nach oben kommen, wird dies der kleine Fun-Fact erledigen, dass sich das ganze Firmenimperium der Schwiegerfamilie auf Enteignungen und Zwangsarbeit während der NS-Zeit gründet. Yay, shocked Pikachu und so.
Naja zumindest haben sie heuer im Vergleich zum Vorjahr zumindest nicht die Forststraße bis auf den Boden geräumt und gesandelt, um den unliebsamen Pöbel auf zwei Brettln fernzuhalten. Und so vergehen die ersten paar Kilometer erstaunlich flott und im wahrsten Sinne reibungslos. Wir queren die Plienten (Weißgulling) über die Tourengeherbrücke und folgen der Forststraße dann nordwestwärts vorbei an besagtem, absolut geschmacklosen, Jagdunwesen. Der Weg folgt dem Bachverlauf leicht bergan, bis wir an einer Abzweigung über eine Brücke nach rechts abbiegen. Nach einem kurzen Aufschwung stehen wir beim Ertlberger auf einer kleinen Wiesenfläche. oberhalb des Baches, auf welcher wir auch erste Abfahrtsspuren im noch recht seichten Schnee erkennen können.
Der südseitig ausgerichtete Hang versprüht aber nur kurz den Charme von paradiesischen Winterverhältnissen, keine fünfzig Höhenmeter später hat uns wieder das Frühjahr eingeholt -und das Mitten im Jänner. Und so bewältigen wir den restlichen Weg bis zur nahen Forststraße mit unseren Skiern am Rücken. Dieser folgen wir nach Westen weiter und zweigen dann auf ziemlich genau 1400 Metern Seehöhe auf einen steilen Karrenweg ab. Hier heißt es wiederum Abschnallen! Die nächsten hundert Höhenmeter könnte man selbst mit sehr sehr viel Fantasie nicht mehr begehen. Am oberen Ende des Steilstücks erwartet uns dann aber endlich der ersehnte Lohn unserer Bemühungen: Freie und -noch viel wichtiger- weiße Hänge über der Baumgrenze. Kurz quetschen wir uns noch durch ein paar heuer noch besonders hoch stehende Latschen, dann queren wir hinüber in das Südkar der Scharfen Wand, welches direkt unter der Ostflanke des Hochrettelsteins nach oben zieht. Zwei kurze, bei guten Verhältnissen recht einfache Steilstufen gilt es zu überwinden, dann sehen wir uns auch schon dem im besten Sinne des Wortes ausladenden Gipfelhang gegenüber. Ein Auge sollten wir dabei aber immer auch auf den Steilabbrüchen zu unserer Linken haben. Die Hänge sind durch ihre Ausrichtung und die Kammlage sicher oft extrem eingeblasen und der Kessel im unteren Teil ist sicher auch als Geländefalle nicht zu unterschätzen.
Bei den aktuellen Bedingungen können wir uns aber ohne große Bedenken unserem Zielsprint widmen. Wir folgen beherzt dem flacheren Geländerücken nach rechts und steigen dann in einem weiten Bogen zur Kammlinie hinauf. Wir kommen dabei ziemlich genau in der Mitte zwischen Hochrettelstein und Seekoppe heraus und stehen damit schon am höchsten Punkt unserer heutigen Tour. Herrliche Rundumblicke ergeben sich dabei nicht nur auf die umliegende Bergwelt, sondern auch weit darüber hinaus.
Die oben traumhafte, bei wenig Schnee aber teils schon recht abenteuerliche Abfahrt erfolgt dann über den Aufstiegsweg.
