8 km
250 hm
zug (2,5h)
versicherter Steig
Eine der bekanntesten Wandertouren Ostösterreichs durch die wilde Welt des Ötschers.
Vorab ein kleiner Hinweis: Der Weg durch die vorderen Ötschergräben ist vielleicht für den/die geneigte/n Berggeher/in nicht mehr als eine gemütliche Halbtagestour. Dennoch handelt es sich um einen alpinen Steig, welcher neben Steinschlag und Absturzgefahr insbesondere bei Wetterumschwüngen seine ganz eigenen Gefahren bergen kann. Vor einer Begehung bei Schlechtwetter oder gar Schneelage sei daher jedenfalls dringend abgeraten. Für Kinder ist der Weg, trotz aller gegenteiliger Beschreibungen, nur bedingt geeignet. Diese sollten jedenfalls bereits Berg- und Wandererfahrung mitbringen, bevor sie sich in die Gräben wagen.
Wir starten unsere Tour beim Naturparkzentrum Ötscherbasis in Wienerbruck. Direkt an der Mariazellerbahn gelegen bietet das verschlafene Nest dennoch einen idealen Ausgangspunkt für unzählige Touren in der weitläufigen Ötschergegend. Für die Benutzung des Parkplatzes, sowie die Erhaltung der Steiganlagen in den Ötschergräben ist jeweils eine kleine Gebühr zu entrichten (Stand 2025: je €5). Wir lassen das durchaus schmucke Besucherzentrum mitsamt futuristischem Ötscher-Turm hinter uns und begeben uns entlang der Erlauf nach Nordwesten. Nach wenigen hundert Metern erreichen wir den Einstieg in die Ötschergräben. Mehrere Schilder, sowie die Stahlseilversicherungen, deuten dabei bereits auf eine leichte Verschärfung der Gangart hin. Vorerst bleibt der Weg aber betont harmlos. Wir steigen mäßig steil in die Schlucht hinunter, queren den Bach über einen kleinen Steg und marschieren dann weiter zu einem recht beliebten Fotospot am Kienfall.
Kurz darauf folgt mit dem Lassingfall ein weiterer Wassserfall auf uns, die 90 Meter hohe Kaskade sehen wir aber vorerst leider nur von oben. Wir queren diese (einzeln!) über eine altertümliche Brückenkonstruktion. Diese Überquerung stellt auch so eine gewisse Zäsur auf unserem Weg durch die Ötschergräben dar. Ab nun wird es spürbar rassiger, was die Steighöhe und das durchquerte Gelände angeht. Wir steigen steil und durchaus etwas ausgesetzt weiter nach unten und treffen dabei immer wieder auf Spuren vergangener Unwetter. Denn auch wenn der Steig insgesamt durchwegs gut versichert ist, wird der Weg immer wieder von Regenfällen und Steinschlag beschädigt. Dann muss man auch einmal ein paar Meter ohne Geländer und Stahlseil zurücklegen können. Bei uns betrifft das etwa einen kurzen Abschnitt in einer Schotterrinne, die es seilfrei zu queren gilt.
Ohnehin gleicht es einem kleinen Wunder, dass es überhaupt möglich war (und immer noch ist), diesem Gelände einen auch nur ansatzweise gangbaren Weg abzuringen. Stellenweise wurden nicht nur Passagen aus dem steilen Fels gehauen, an mehreren Stellen wurden auch Durchgänge und sogar komplette Tunnel in das Gestein gesprengt.
Langsam und vorsichtig nähern wir uns dem Talboden. Die von rechts oben herabhängenden Stromleitungen verraten uns zudem, dass wir uns noch nicht gänzlich von jeglicher Zivilisation entfernt haben. Und tatsächlich, nach ein paar weiteren Kurven am Abhang entlang, kommt das Dach eines Gebäudes in Sicht. Es ist das Kraftwerk Wienerbruck am Stierwaschboden. Die 1911 errichtete und auch heute noch zur Stromgewinnung genutzte Anlage wurde unter anderem für den Betrieb der Mariazellerbahn genutzt und galt damals als leistungsstärkstes Kraftwerk der Donaumonarchie. Über eine kleine Plattform lassen sich im Inneren auch die Generatoren der Anlage besichtigen. Wir lassen das geschichtsträchtige Gebäude allerdings hinter uns und begeben uns weiter hinein ins Tal entlang der Erlauf.
Die großen Steilabbrüche des vorangegangenen Abschnitts sind zwar passé, die Routenführung jedoch fortan kaum weniger kreativ. Links und rechts des Ötscherbaches schlängelt sich der geröllige Steig flussaufwärts. Schwierige Stellen und Querungen werden durch teils aufwändige Steiganlagen, Stege und Brücken entschärft. Zudem hilft die eine oder andere Stahlseilsicherung auch dem ängstlicheren Gemüt über ausgesetztere Passagen hinweg. Spannend ist aber ohnehin mehr die faszinierend-karge Landschaft der Ötschergräben, als der Wegverlauf selbst. Die spannenden Felsgebilde bilden einen würdigen Rahmen für (laut einer Umfrage aus dem Jahr 2011) Österreichs schönste Wandertour.
Und was bei so einer Wandertour natürlich nicht fehlen darf, ist eine anständige Einkehr. Die erledigt man am besten -nicht nur in Ermangelung an Alternativen- beim Ötscherhias. Dass an so einem Ort überhaupt ein Imbisslokal auf einen wartet, ist ohnehin schon ein kleines Wunder. Zuerst quert der Weg eine abseits des Steigs spiegelglatte Felswand und direkt danach den Ötscherbach (ein gutes Stück unter uns) über eine schmale Brücke. Umso dankbarer sind wir dann für die Kleinen Snacks und gekühlten Getränke, die hier den Gästinnen und Gästen die gesamte Sommersaison lang dargeboten werden.
Vom Ötscherhias steigen wir einen steilen Waldpfad nach oben, folgen dann dem Weg vorbei an einer alten Mühle und treffen kurz darauf auf eine Forststraße, über welche auch der Ötscherhias mit dem Notwendigsten versorgt wird. Wir gehen nach links und treffen dann auf die Ötscherstraße, welche uns vorbei am lieblich gelegenen Hagengut hinunter führt zum Erlaufstausee. Wir überschreiten die durchaus beachtliche Staumauer und folgen der Straße weiter, bis wir nach wenigen Minuten die Bahnhaltestelle Erlaufklause an der Mariazellerbahn erreichen.